Blüthner-Flügel mit Blüthner-Patentmechanik

  • Länge: 198 Zentimeter
  • Baujahr: 1885
  • Generalüberholung 2014
  • Oberfläche: Schwarz und Palisander

Verkauft

Generalüberholung des Blüthner-Flügels

Das Instrument wurde 2014 generalüberholt. Hierbei wurden die akustische Anlage, die Mechanik und Klaviatur sowie das Gehäuse komplett überarbeitet. Das Gehäuse des Flügels erhielt eine edle und einzigartige Gestaltung, die dieses Instrument zu etwas ganz besonderem macht.

Auf dieser Seite finden Sie detaillierte Informationen über diesen besonderen Blüthner-Flügel. Sie erhalten Einblick in die Reparaturarbeiten und können sich auch ein Bild davon machen, in welchem Zustand sich der Flügel vor der Reparatur befunden hat.

Oberfläche des Blüthner-Flügels

Die Oberfläche des Flügelgehäuses wurde aufwändig und vollständig überarbeitet und mit einem modernen Lack überzogen. Bei Teilen des Gehäuses – wie bei der Außenseite des Deckels und die Klappe innen – ist das Palisander-Furnier sichtbar. Andere Teile des Gehäuses – etwa die Beine, die Lyra, die Außenseite der Tastenklappe und die Deckelinnenseite – sind in schwarz gehalten.

Ausgangszustand: Mehrere Lackschichten übereinander

Dass es zu dieser ungewöhnlichen Gestaltung des Blüthner-Flügels kam, war zunächst dem desaströsen Zustand des Gehäuses vor der Überholung geschuldet. Auf der originalen Schelllackoberfläche waren zwei weitere dicke Lackschichten alles andere als fachmännisch aufgebracht. Diese erwiesen sich als sehr hartnäckig und ließen sich nur mit extremen Aufwand entfernen. Dabei war es leider nicht möglich, die schwarze Original-Schelllackschicht zu erhalten.

Palisander-Furnier kommt zum Vorschein

Ursprünglich war geplant, den Flügel wieder wie im Original schwarz zu lackieren. Dann kam aber überraschenderweise am Korpus und an der Klappe unter den Lackschichten wunderschönes Palisander-Furnier zum Vorschein. Erstaunlich war dies zum einen, weil der Flügel original mit schwarzen Schelllack poliert war und es viel aufwändiger ist, ein Palisander-Furnier mit seinen großen offenen Poren zu polieren als ein feinporigeres Furnier. Zum anderen wurde ein hochwertiges Furnier mit einem auf Vorder- und Hinterdeckel durchlaufenden Furnierbild verwendet – ein Aufwand, der bei einer schwarzen Lackierung eigentlich überflüssig war.

Wie aus der Not eine Tugend wurde

Allerdings war nicht der komplette Flügel mit Palisander furniert. Hinzu kam, dass die Oberfläche teilweise starke Beschädigungen aufwies, viele Macken hatte, Furnierstücke und ganze Teile mitunter rausgebrochen waren. Der Wunsch, das Palisander-Furnier erhalten zu können, brachte die Idee dieser besonderen Gestaltung: Alle Gehäuseteile, bei denen größere Flächen ausgebessert werden mussten bzw. die nicht mit Palisander furniert waren, schwarz zu lackieren und alle intakten Palisander-Oberflächen mit klarem Lack.

Mehr Informationen und Fotos zur Reparatur

Klang des Blüthner-Flügels

Den Klang des Flügels kann man als warm, innig und grundtönig umschreiben. Im Diskant klingen die Töne – wie oft bei Blüthner anzutreffen – sehr klar. Insgesamt ist der Klang nicht aufdringlich, eher elegant zurückhaltend. Das ermöglicht es auch, den Flügel trotz seiner Größe in einem normalen Wohnzimmer mit geöffnetem Deckel zu spielen. Der wohlig warme Klang dieses Flügels unterscheidet sich deutlich von dem Klang vieler moderner, vor allem asiatischer Instrumente. Deren Klang ist häufig sehr obertonreich und brillant und wird bisweilen sogar schrill und blechern empfunden.

Leichte Hammerköpfe beibehalten

Um den originalen Grundcharakter des Flügels beizubehalten, wurde bei der Reparatur bewusst darauf geachtet, beim Austausch der Hammerköpfe möglichst nahe an den originalen Hammerköpfen zu bleiben. Wie zu der Bauzeit üblich, verfügte der Blüthner-Flügel über recht kleine und sehr leichte Hammerköpfe. Deswegen wurden auch jetzt Hammerköpfe gewählt, die weniger stark verpresst sind und damit über eine geringere Masse verfügen, als bei den heutigen Flügeln üblich. Zudem wurden die Hammerköpfe durch Abschleifen zusätzlich erleichtert und für einen homogenen Klang in einer gleichmäßigen Gewichtskurve kalibriert.

Blüthner-Patentmechanik

Der Flügel verfügt über eine Blüthner-Patentmechanik. Diese Mechanikart wurde 1856 von Blüthner entwickelt und bei Blüthner-Flügeln bis etwa in die 1920er Jahre eingebaut.

Im Gegensatz zur heutigen sogenannten Doppelrepetitonsmechanik, die vom Prinzip her bereits 1821 von Sebastian Erard entwickelt worden war, weist die Blüthner-Patentmechanik einige Unterschiede auf.

Repetitionsfähigkeit

Einer dieser Unterschiede liegt in der Repetitionsfähigkeit – also der Möglichkeit, wie schnell ein und dieselbe Taste erneut angespielt werden kann. Die Doppelrepetitionsmechaniken der modernen Flügel verfügen über ein raffiniertes System, um eine sehr schnelle Repetition zu erreichen. Hier ist es möglich, erneut einen Ton zu erzeugen, noch bevor der Finger die Taste ganz losgelassen hat. Bei einer Blüthner-Patent-Mechanik ist dies ebenfalls möglich - auch hier gibt es ausgeklügelte Vorrichtungen, die für eine schnelle Repetition sorgen. Allerdings ist dieses System einfacher konstruiert und erreicht in Sachen Repetition nicht ganz die Leistungsfähigkeit wie eine moderne Doppelrepetionsmechanik.

Spielart

Weiterhin gibt es Unterschiede bei der Spielschwere. Die Gewichts- und Übersetzungsverhältnisse sind hier etwas anders und auch die Reibung ist niedriger, so dass sich die Blüthner-Patentmechanik insgesamt leichtgängiger spielt als die „modernen“ Mechaniken. Zudem wird die Mechanik mit geringfügig abweichenden Maßen reguliert. Zum Beispiel wird der Tiefgang der Tasten geringer eingestellt (um 0,6 Millimeter), die Taste geht also beim Runterdrücken nicht ganz so weit nach unten und landet dort auf einem weicheren Filz als bei der modernen Mechanik. Alle diese Abweichungen sind nur geringfügig, haben aber insgesamt zur Folge, dass sich die Spielart etwas leichter und weicher anfühlt - eine Spielart, die zum insgesamt warmen Charakter des Flügels gut passt.

Reparatur des Blüthner-Flügels

Der Blüthner-Flügel wurde 2014 aufwändig generalüberholt.

Zu Beginn der Arbeiten war der Flügel in sehr schlechtem Zustand und hatte zudem schon etliche wenig schonende Eingriffe hinter sich. Die Überholung wurde deshalb nicht nach den Grundsätzen einer Restaurierung – also weitestgehende Erhaltung der Originalsubstanz und Reversibiltät der Eingriffe – durchgeführt. Ziel war bei der Überholung in erster Linie die Wiederherstellung der Funktionalität, den Flügel also wieder zu einem vollwertigen Musikinstrument zu machen. Wichtig war dabei, den klanglichen und spielarttechnischen Grundcharakter zu erhalten bzw. wieder herzustellen.

Akustische Anlage

Der Resonanzboden wurde ausgespänt, abgeschliffen und neu lackiert. Der Flügel erhielt neue Blank- und Basssaiten und neue Wirbel.

Mechanik

Die Blüthner-Patentmechanik wurde komplett überarbeitet. Da die Hammerköpfe aufgrund der starken Abnutzung nicht mehr brauchbar und das Holz der Hammerkopfkerne zu brüchig zum Neubefilzen war, wurden die Hammerköpfe ersetzt.

Die übrigen Mechanikteile wurden weitgehend erhalten und wo erforderlich, repariert. Die Blüthner-Patentmechanik wurde anhand der Maße hierfür reguliert.

Klaviatur

Der original Klaviaturbelag wurde erhalten, fehlende und defekte Plättchen ersetzt und der Belag geschliffen und poliert. Die Garnierungen der Vorderstift- und Waagebalkenführungen wurden erneuert und der Klaviaturrahmen neu garniert.

Dämpfung

Die Dämpferköpfe erhielten neue Dämpferfilze, die Stecherleiste wurde neu garniert, die Pedalanlage überholt und die Dämpfung neu gesetzt.

Oberfläche

Die Oberfläche wurde komplett aufgearbeitet.

Blüthner-Flügel

Das war 1885

Der Blüthner-Flügel wurde der Nummer auf dem Resonanzboden zufolge im Jahr 1885 gebaut.

Was 1885 sonst noch geschah:

  • Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach konstruieren den Daimler-Reitwagen, das erste Motorrad, das von einem Verbrennungsmotor angetrieben wird.
  • Der österreichische Wissenschaftler Ernst Mach macht Schallwellen sichtbar.
  • George Eastman erhält ein Patent auf den ersten Rollfilm. Dieser ersetzt die bislang notwendigen Fotoplatten. Der Rollfilm kann in der von Eastman erfundenen Kodak-Kamera belichtet werden.
  • Österreich erlässt das erste Gesetz zum Schutz der Fabrikarbeiter. Hierdurch wird die Arbeitszeit auf elf Stunden täglich begrenzt. Nachtarbeit für Frauen und Jugendliche wird verboten.
  • Louis Pasteur, französischer Chemiker und Mikrobiologe, erprobt erstmals erfolgreich einen Impfstoff gegen die Tollwut.
  • In Berlin geht das erste deutsche Elektrizitätswerk für Stromabgabe an Privathaushalte in Betrieb.
  • Alban Berg (österreichischer Komponist), Ernst Bloch (deutscher Philosoph) und Nils Bohr (dänischer Physiker und Nobelpreisträger) werden geboren.
  • Friedrich Engels veröffentlicht den zweiten Band des Hauptwerks von Karl Marx, „Das Kapital“.
  • Johannes Brahms komponiert die Sinfonie Nr. 4 e-Moll op. 98.